Asunción

Erster Eindruck

Asunción ist eine große Stadt und eine kleine Stadt zugleich. Als wir nach der langen Busfahrt aus Concepción noch eine Stunde brauchen um mit dem Bus in die Stadt zu kommen, kommt uns Asunción zunächst sehr groß vor. Am nächsten Tag erscheint uns die Stadt dann auf einmal ganz klein. Alle Straßen im Stadtzentrum sind einspurige Einbahnstraßen, Ampeln gibt es hier nicht, dafür aber Pferdewagen. Die sieht man heutzutage sicher nicht mehr in vielen Hauptstädten. Die kolonialen Hausfassaden stecken voller Schönheit, sowohl renoviert als auch heruntergekommen. Entsprechend gut gefällt uns die Atmosphäre der Stadt. Asunción hat dem Besucher zwar keine weltbekannten Attraktionen zu bieten. Aber es scheint genau das zu sein, was einen Besuch der Stadt so lohnenswert macht und dafür sorgt, dass die wenigen Touristen, die hierher kommen, länger bleiben als geplant. Den Eindruck haben wir bereits bei unserer Ankunft, als wir uns mit anderen Gästen im Hostel unterhalten und auch uns soll es nicht anders ergehen. Es scheint so, als ließe Asunción einen nicht mehr los, wenn man sich einmal hierher verirrt hat.

Autokauf in Paraguay (oder auch nicht)

Im Juli hatte Elodie eine Anzeige von Milord in einem französischen Reiseforum gefunden. Milord ist ein VW Bus (T3), der von einem Franzosen (Michel) in Asunción verkauft wird. Im Sommer hatten wir ein paar Mails mit Michel ausgetauscht, die Idee wenig später aber im Prinzip wieder verworfen, da Michel nicht den Eindruck machte auf uns bis Oktober oder November warten zu wollen.

Als wir in Asunción ankommen denken wir an Milord und den Kontakt mit Michel und schreiben ihm einen schönen Gruß mit der Frage, was wir uns auf jeden Fall hier ansehen müssen. Michel, der zwei Jahre in Asunción gewohnt hat, antwortet uns unmittelbar mit ein paar Tipps und schreibt, dass seine Frau Fabiana morgen zufälligerweise auch in Asunción ankommt um sich um den Verkauf der zwei Autos, die sie noch hier haben zu kümmern.

Also kontaktieren wir Fabiana am nächsten Tag (es ist Samstag). Sie bietet uns an, dass sie für Montag einen Termin beim Mechaniker (Sergio) vom VW Classic Club macht, wo Milord zur Zeit steht. Wir sagen zu. Eigentlich wollten wir am Sonntag früh weiter, aber zwei Tage können wir warten um uns Milord anzusehen. Gleichzeitig haben wir Zeit für einen kleinen Ausflug aus der Stadt nach Aregua (s.u.) und uns zu überlegen, ob wir wirklich einen VW Bus kaufen wollen.

Die Punkte die gegen einen Kauf sprechen sind u.a.:
– Unsere fehlenden mechanischen Kenntnisse
– Das finanzielle Risiko von Kaufpreis (€4000) und Reparaturen
– Wir würden weniger Reisende (in Hostels) treffen
– Bürokratie an Grenzen (bzw. Polizei allgemein)
– Sehr limitierte Verfügbarkeit von Internet
– Viele selbst zu fahrende Kilometer

Dem gegenüber steht die absolute Unabhängigkeit, an den schönsten Plätzen in der Wildnis anhalten und übernachten zu können, eine Traumvorstellung die selbst viele der zuvor genannten Nachteile wie Vorteile erscheinen lässt. Etwa die Möglichkeit, viel im Bereich Mechanik dazu zu lernen oder den vielleicht noch größeren Kontakt, den wir mit den Einheimischen auf der Suche nach Schlafplätzen oder Wasser machen würden. Vielleicht sind es sogar erst die Nachteile, die eine Reise mit dem VW Bus durch Patagonien zum Abenteuer machen.

Wenn nicht all zu viele Reparaturen anfallen und wir den Bus wieder für einen halbwegs akzeptablen Preis verkauft bekämen, sollte unsere Rechnung von Bustickets + Übernachtungen entspricht in etwa Benzin + Reparaturen bei einer Nutzung von 3 bis 4 Monaten (für alles südlich von Paraguay) ungefähr aufgehen.

Am Montag sind wir soweit, dass wir Milord am liebsten kaufen würden, wenn er uns gefällt und einen guten Eindruck macht. Und das tut er direkt. In strömenden Regen kommen wir pünktlich um 10:30 Uhr in der Werkstatt an, wo sich der nette und unheimlich ehrliche Sergio ein paar Stunden Zeit nimmt um uns den Liebling des VW Classic Clubs zu zeigen. Auch als wir zwei Tage später mit unserem Mitbewohner Joachim aus Rhodt in der Pfalz zurückkehren bestätigt sich der gute Eindruck den wir von Milords Zustand hatten. Joachim hatte früher selbst einen T2 und kennt sich sichtlich gut mit der Mechanik aus. Er nimmt sich ebenfalls sehr viel Zeit und guckt sich alle Teile mit uns genauestens an. Schon in diesen wenigen Stunden lernen wir viel dazu.

Danach steht für uns fest, Milord ist natürlich kein neues Auto, aber er ist technisch in einem Zustand, dass wir quasi direkt mit ihm losfahren könnten. Anders sieht es leider mit seinen Papieren aus. Seit unserem ersten Treffen mit Sergio und Fabiana, wird uns immer bewusster, wie schwierig es zu sein scheint die sogenannte „Cedula Verde“, die man in Paraguay benötigt um ins Ausland zu fahren, schneller als in drei Monaten zu bekommen. Sie ist der letzte Schritt eines Autokaufs, der in Paraguay komplett von einem Notar (Escribano) begleitet wird und somit eher der Bürokratie eines Hauskaufs in Europa ähnelt. In den folgenden Tagen versuchen Fabiana und wir unabhängig voneinander einen Escribano zu finden, der den Verkaufsprozess inklusive Cedula Verde in weniger als drei Monaten abwickeln kann. Einen Monat könnten wir „warten“, d.h. per Bus weiterreisen und Milord später abholen. Doch nachdem wir ein knappes Dutzend Escribanias abgelaufen sind, beim nationalen Register für Automobile waren und von Fabiana auch keine positive Rückmeldung bekommen, schreiben wir den Kauf von Milord letztendlich ab.

Während die meisten Escribanos uns sagen dass sich die Wartezeit beim nationalen Automobilregister in den letzten zwei Jahren deutlich erhöht hat und sie mindestens drei Monate für die Cedula Verde benötigen, kriegen wir von manchen Escribanos sogar leicht depressiv zu hören, dass es sieben Monate dauern kann. Da scheint uns die Zeitangabe von vier bis sechs Wochen einer jungen motivierten Escribania eher unrealistisch.

Eine Woche in Asuncion

In jedem Fall sind die Tage in Asunción, in denen wir versuchen Milord zu kaufen, reich gefüllt von Erfahrungen. Selten haben wir so viele widersprüchliche Informationen bekommen, aus denen wir uns ein halbwegs realistisches Bild zusammen bauen mussten um eine Entscheidung zu treffen. Emotional sind die Tage ebenfalls eine Achterbahnfahrt. Immer wieder haben wir das Gefühl, dass es vielleicht doch klappen könnte mit dem Kauf und dann doch wieder eher nicht.

Gleichzeitig lernen wir die Stadt eher aus der Sicht eines Einwohners kennen als eines Besuchers. So ist die Woche hier für uns eine gute Abwechslung vom Reisen. Nach den ersten zwei Tagen „Sightseeing“ verbringen wir mehr Zeit in Büros und in der Werkstatt, als an den wenigen aber sehr besuchenswerten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Nicht verfehlen sollte man von diesen u.a. die zentrale Plaza de los Héroes / de la Libertad / de la Democracia, die schöne Casa de la Independencia, wo Paraguay als erstes Südamerikanisches Land seine Unabhängigkeit errungen hat, den beeindruckenden Palacio de López, von dem das Land heute regiert wird und die authentische Estacion Central del Ferrocarril, von der die erste Eisenbahn Südamerikas abfuhr und bis vor zwei Jahren immer noch eine touristische Dampflock-betriebene Bahn verkehrte.

Auch die Märkte der Stadt sind einen Besuch Wert. Besonders beeindruckend ist die Größe des Mercado Numero 4, in dem man gut auf seine Hosentaschen aufpassen soll, aber noch mehr darauf dass man sich nicht verläuft. Der Mercado Numero 1 eignet sich hingegen bestens zum Mittagessen, was man hier heute immer noch für zwei Personen für €4-5 bekommt.

Ein Erlebnis, welches man als Besucher in der Regel sowieso nicht verpasst, ist eine Busfahrt in Asunción. In wenigen anderen Städten die wir bislang besucht haben, ist das Verhältnis zwischen Zustand der Busse und gefahrener Geschwindigkeit so atemberaubend wie hier. So kommt einem so manche Busfahrt vor, wie eine Achterbahnfahrt in einer Bahn die bald auseinander fällt. Entsprechend gut muss man sich fest halten. Nicht selten denken wir dabei an die älteren Leute im Bus, die da Ganze aber scheinbar sehr gut gewöhnt sind. Überraschend ist auch, dass wir nie Busse mit Pannen am Straßenrand sehen. Irgendwie scheint also auch so alles zu funktionieren.

Und wenn man mal aus der Stadt raus will, fahren einen die rappelnden Ungetüme für den Fahrpreis von ca. €0,40 sogar bis in die nette Kleinstadt Areguá am Lago Ypacaraí. Diesen Ausflug unternehmen wir für eine Nacht, in der unser schönes Hostel “El Nomada” komplett ausgebucht ist. Während der Strand am See nicht mit besonderer Schönheit glänzt, macht die Stadt mit ihren vielen kolonialen Bauten einen sehr angenehmen Eindruck auf uns.

Nach einer Woche verlassen wir Asunción schließlich wieder. Wir sind glücklich über die Erfahrungen, die wir hier gesammelt haben und freuen uns auf unsere Weiterreise mit dem Rucksack.

In Zukunft werden wir mit der Stadt und dem Land u.a. die netten, hilfsbereiten Menschen verbinden die wir hier kennengelernt haben, das Guarani als zweite Sprache des Landes, die insbesondere auf dem Land noch sehr verbreitet ist, den Tereré (ein eisgekühlter Maté), den fast jeder zweite Paraguayer in einer Kanne mit sich trägt und mit jedem teilt um die Hitze erträglich zu machen, die Chipa, ein Gebäck, dass in den Überlandbussen meistens sehr trocken verkauft wird, in einer guten Chiperia hingegen sehr schmackhaft zubereitet wird, aber auch die Lautstärke, mit der die Paraguayer scheinbar überall gerne Musik hören.

Weiterführende Infos

Zwei Engländer hatten vor drei Jahren noch mehr Erfolg mit dem Kauf eines VW Busses in Asunción, dafür aber wenig Glück mit der Mechanik. Sie listen in ihrem Blog nochmal übersichtlich die Schritte zum Autokauf auf, wobei sich die Wartezeit für die Cedula Verde seitdem wie beschrieben leider drastisch erhöht hat.

  4 comments for “Asunción

  1. Zouzou
    11. November 2015 at 1:10

    Avec tout ce que vous voyez, que le choix des photos doit être dur ! Mais c’est réussi pour nous, merci à tous deux.

  2. Moni
    11. November 2015 at 1:16

    Danke für den neuen Artikel, den wir mit Neugier erwartet und gelesen haben. Besonders freut mich, dass ihr die positive Seite dieser Erfahrungen sehen könnt.
    Fast ein Dutzend Escribanians! Kaum zu glauben…

  3. Daniela
    11. November 2015 at 22:19

    Schade, dass das mit dem Kauf von Milord nicht geklappt hat. Aber ihr werdet sicherlich auch ohne ihn noch tolle Abenteuer erleben.

  4. bureau
    12. November 2015 at 11:11

    Superbe narration de votre expedition. On s’y croirait. Merci de nous faire partager votre aventure riche de vos rencontres. “Les voyages forment la jeunesse”. Je vous souhaite enore plein de bonnes choses pour la suite. Continuez à nous mettre des étoiles plein les yeux….
    Votre fidèle lectrice depuis Bordeaux. Jb

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