Mit dem Boot nach Panamá (via Puerto Obaldía)

Pünktlich zur Öffnung um 10 Uhr (heute ist Sonntag) stehen wir vor dem Grenzbüro von Capurganá. Wenige Minuten später haben wir unsere Ausreisestempel im Pass. Gegen 10:30 Uhr taucht im Hafen der nette Bootsmann auf, der uns zuvor angeboten hatte, uns für 90000 Pesos nach Puerto Obaldia zu bringen. Das Boot haben wir für uns alleine, der Preis (ca. €30) ist wahrscheinlich wegen dem kleinen Boot bzw. Motor trotzdem relativ günstig.

In der schönen Bucht von Sapzurro machen wir eine kleine Pause zum Tanken. Danach geht es am Grenzstein – den wir oben auf den Klippen erspähen – vorbei nach Panama. Wir verabschieden uns von Kolumbien, einem Land von dessen freundlichen Menschen wir einmal mehr beeindruckt waren, in dem wir uns stets sicher gefühlt haben und welches uns sehr preiswert vorgekommen ist und denken, dass wir sicher nicht zum letzten Mal hier waren.

Die erste Bucht in Panama (La Miel) ist genauso idyllisch, wie die letzte auf der kolumbianischen Seite und es fällt schwer sich vorzustellen, dass wir uns auf einer Haupttransitroute für Drogen befinden und sich im Dschungel abseits der Küste die Guerilla versteckt.

Entsprechend streng werden wir bei unserer Ankunft in Puerto Obaldía kontrolliert. Unsere Rucksäcke müssen wir am Militärposten bis auf unsere Zahnbürste ausräumen. Im Hintergrund hängen Bilder der meistgesuchten Köpfe einer kolumbianischen Guerillatruppe. So wirkt Puerto Obaldía tatsächlich wie der letzte panamaische Außenposten gegen jegliche illegale Aktivitäten aus dem Nachbarland, von denen wir in Kolumbien glücklicherweise so wenig mitbekommen haben.

Hinzu kommt das aktuelle Problem von Flüchtlingen, die über Puerto Obaldía den weiten Landweg in die USA suchen, einen Weg, den wir bis heute noch nicht ganz verstanden haben, aber der am sogenannten Darién Gap sicher eine seiner größten Herausforderungen hat.

Es dauert nicht lange, da werden wir von einem Pakistaner von weitem angesprochen, ob wir englisch sprechen, er sei schon einen Monat hier und hätte außer mit seinen Landsleuten schon lange nicht mehr mit Leuten geredet. Hussein ist unheimlich nett und interessiert. Wir verabreden uns für später mit ihm.

Viel länger dauert es auch nicht, bis uns jemand fragt, ob wir nach Cartí wollen. Wir nicken ihm etwas Desinteresse vortäuschend zu. Für $100 pro Person könnten wir morgen früh im Boot mitfahren ($20 extra müssen wir als Eintrittsgebühr in die autonome Comarca der indigenen Guna Yala einplanen). Das wäre eigentlich zu schön um war zu sein, aber versuchen können wir es ja. Treffpunkt ist am Dorfplatz um 8 Uhr.

Auf der Suche nach einem Zimmer merken wir erneut, dass nicht mehr viele Touristen den Weg über Puerto Obaldía auf sich nehmen oder gar hier übernachten. Das Zimmer mit großen Löchern in den Wänden, einem Wasserhahn auf Hüfthöhe, der die Dusche ersetzt hat, Gardinen die aussehen, als hätte man sie durch den Schlamm gezogen, belegt ziemlich sicher den Rang der heruntergekommensten Unterkunft unserer Reise. Nachdem was wir zuvor gehört hatten, sind wir aber erstmal froh, überhaupt eine Unterkunft gefunden zu haben und denken an die hunderten Flüchtlinge, die Wochen oder Monate lang in solchen Unterkünften ausharren müssen.

Während Puerto Obaldía tatsächlich alles andere als Urlaubsflair ausstrahlt, fühlen wir uns hier trotzdem sicher. Und selbst hier ist es nicht weit zu einem schönen Strand gegenüber in der Bucht, den wir für uns alleine haben. Schockierend hingegen ist der Müll, der uns besonders auf dem Rückweg auffällt. Der ganze Ort scheint am Strand Bier getrunken zu haben und die glänzenden Dosen im Sand verteilt zu haben, ein Verhalten für welches wir trotz noch so wenig Bildung immer weniger Verständnis aufbringen können.

Am Abend treffen wir uns mit Hussein und seinen pakistanischen und kubanischen Freunden. Alle sind unheimlich nett, ein paar erzählen uns ihr Geschichte. Während die Pakistaner finanziell sehr gut ausgestattet zu sein scheinen, sind die Kubaner bitter arm. Sie haben in der Regel ihr ganzes Hab und Gut in der Heimat verkauft, um es bis hierher zu schaffen und im Idealfall weiter bis in die USA zu gelangen. Doch eines haben sie anscheinend gemeinsam: Sie können nicht über den Luftweg in die USA einwandern und auch sonst lange nicht in jedes Land fliegen. So scheinen die Pakistaner aus bürokratischen Gründen in der Regel nach Brasilien zu fliegen und die Kubaner nach Venezuela oder Ecuador. Von dort geht es anschließend auf dem Landweg weiter, ein Weg der mit dem unserer Reise aber sicher nicht vergleichbar ist. Während wir beispielsweise in Kolumbien nur freundliche Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben, erzählt uns Hussein, dass ihm die Polizei auf dem Weg von Ecuador bis an die Karibik insgesamt $400 bei drei Kontrollen in Bussen geraubt hätte. Auf Grund des korrupten Images der kolumbianischen Polizei, haben wir leider allen Grund ihm dies zu glauben. Oft an diesem Abend denken wir, wie ungerecht die Welt doch ist und wie gut wir es als Europäer meistens haben. Es ist kulturell vielleicht die intensivste Erfahrung unserer Reise auch wenn es vermutlich die einzige von Kuba und sicher von Pakistan bleiben wird.

Am nächsten Morgen sind wir um 8 Uhr am Treffpunkt. Und es tut sich tatsächlich etwas. Es werden Papiere ausgefüllt. Nach und nach erscheinen unserer Mitreisenden, zwei Ecuadorianer, die wir bereits am Vortag getroffen hatten, zwei Panamenen, eine Kubanerin und eine Guna-Familie. Wir bezahlen die $240, werden am Militärstützpunkt erneut kontrolliert und fahren schließlich mit zwei Guna-Kapitänen an Board los.

Die ersten zwei bis drei Stunden sind sehr angenehm. Das Wetter ist gut und die Landschaft traumhaft, Palmengesäumte Inseln und türkisblaues Wasser so weit das Auge reicht. Wir sehen zunächst keine anderen Boote in der völlig unberührten Natur und können jetzt auch etwas besser nachvollziehen warum sich diese Route so gut für den Transport illegaler Waren eignet.

Doch dann schlägt das Wetter um. Wir geraten in einen der dicken tropischen Regenfälle, die wir zuvor nur am Horizont gesehen hatten. Mit unseren Regenponchos sind wir noch am besten von allen ausgestattet, aber mit der Zeit werden auch wir nass und kalt. Zudem hat der Wellengang deutlich zugenommen und unser kleines Boot kommt ordentlich ins Schaukeln. Zu allem Überfluss kommen schließlich noch Motorprobleme hinzu und zu einem Zeitpunkt fallen beide Motoren gleichzeitig aus. Wir sagen uns, wenn alles schief läuft, können wir immer noch zur Küste schwimmen und bleiben dementsprechend ruhig. Etwas erleichtert sind wir dann aber doch, als unser Steuermann/Mechaniker das hilflos in den Wellen wackelnde Boot wieder in Fahrt bringt. Im Laufe der weiteren Fahrt kommt und geht der Regen mehrmals. Wir machen zwei kurze Tankpausen in Guna-Kommunen. Der Benzin Verbrauch unseres Bootes ist erschreckend. Aus ökologischen Gründen können wir daher unsere Fahrt im Vergleich zu einem Flug leider nicht empfehlen, als Abenteuer jedoch umso mehr.

Nach sieben Stunden erreichen wir schließlich Aridup (ins spanische als Isla Iguana übersetzt), eine kleine Insel in der Nähe von Carti, die von der Guna-Familie auf unserem Boot unterhalten wird, wie wir bei der letzten Pause erfahren hatten. Kurzentschlossen beschließen wir mit ihnen hier auszusteigen.

  1 comment for “Mit dem Boot nach Panamá (via Puerto Obaldía)

  1. Babs
    24. Juni 2016 at 6:49

    Ein wahres Abenteuer, das glücklicher Weise gut ausgegangen ist. Viel Spaß noch weiterhin und paßt gut auf Euch auf
    LG
    Babs

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