Trekking nach Chile

Das Wetter ist heute wieder bestens. Als uns der Minibus um kurz nach acht am Refugio Chaltén abholt haben wir einen klaren Blick auf den Fitz Roy. Er soll uns heute noch ein ganzes Stück begleiten. Die 37 km bis zum Lago del Desierto dauern über 1,5 Stunden. Die Piste ist schlecht und unser Fahrer versorgt uns während der Fahrt mit vielen Infos zur Landschaft.

Karte des Treks El Chaltén – Villa O’Higgins

Distancia y Desnivel LDD-CMProfil der Wanderung vom Lago del Desierto nach Candelario Mancilla (Quelle: Robinson Crusoe)

Am Lago del Desierto erwartet uns ein kleines Boot auf dem wir zu sieben Touristen mitfahren: Zwei Argentinierinnen, die einen Tagesausflug machen, sowie Attie und Lené aus Südafrika und Stefan aus der Schweiz, die den gleichen Trek geplant haben wie wir. Die Landschaft entlang des Sees ist wunderschön. Wir passieren einen Gletscher und hinter uns sehen wir immer noch die “Rückseite” des Fitz Roys. Nach einer Stunde erreichen wir das Nordufers des Sees. Hier bekommen wir unseren argentinischen Ausreisestempel. Der Grenzbeamte scheint froh zu sein, mal mit 5 anderen Gesichtern sprechen zu können und ist an den anderen Stempeln in unserem Pass sehr interessiert. Südafrikaner hat er hier zuvor noch nie gesehen.

Gegen 11:15 Uhr starten wir schließlich den Trek mit Attie, Lené und Stefan Richtung Candelario Mancilla, wo morgen Nachmittag unser Boot nach Villa O’Higgins abfährt. Die ersten 5 km auf argentinischer Seite sind sehr abwechslungsreich und wir kommen nur langsam voran. Es geht bergauf, bergab, wir kreuzen mehrmals den kleinen Fluss und außer uns fünf ist kein Mensch hier unterwegs. Unglaublich, wenn wir an die vielen Touristen vom Vortag zurückdenken. Die Landschaft ist hier ebenfalls traumhaft. Nach zwei Stunden machen an der Laguna Larga Mittagspause, ein wunderschöner Rastplatz.

Kurze Zeit nach unserer Mittagspause erreichen wir die Grenze von Argentinien und Chile, die vor wenigen Jahrzehnten noch für einen Konflikt zwischen den beiden Ländern gesorgt hat und einen chilenischen Carabinero das Leben gekostet hat. Heute scheinen beide Länder den Grenzstein hier anzuerkennen auch wenn man auf Landkarten weiter südlich immer noch ein Rechteck eingezeichnet sieht, in dem die Grenze nach wie vor nicht definiert ist.

Von dem Grenzstein bis nach Candelario Mancilla sind es noch 17 km über eine befahrbare Piste. Der Weg ist weniger abwechslungsreich, als zuvor, aber wir kommen deutlich schneller voran. Es ist angenehm, die Strecke mit unseren neuen Freunden zurücklegen zu können, zumal uns allen das gleiche Tempo zusagt. Mit den fortschreitenden Kilometern merken wir unsere schweren Rucksäcke (die unseren Haushalt mehrerer Monate und Verpflegung für zwei Tage enthalten) jedoch zunehmend. Besonders für Stefan, der sein Gepäck in einer Tasche ohne Hüftgurt trägt wird es immer schwerer, so dass er schließlich in seinen kleineren aber bequemeren Rucksack umpackt.

Auf den letzten Kilometern häufen sich unsere Pausen, die vom Druck auf Schultern und Hüften provoziert werden bis wir schließlich das türkisfarbene Wasser des O’Higgins Sees am Ende des Tals erblicken. Von nun an geht es nur noch bergab.

Candelario Mancilla besteht aus wenig mehr, als einer Polizeistation. Neben der Station stehen vier Häuser, in denen die Carabineros wohnen und einen Kilometer weiter, bei der Bootanlegestelle steht das Haus der 87-jährigen Justa Mancilla, die einfache Übernachtungsmöglichkeiten (8000 Pesos) und warmes Essen (6000 Pesos) anbietet. Sie hat hier ihr ganzes Leben verbracht, weshalb die „Ortschaft“ wohl auch nach ihrem Familiennamen benannt ist.

Bei den Carabineros erhalten wir unseren Einreisestempel nach Chile und treffen bereits Tito, einen Sohn von Justa Mancilla. Tito, der anfangs etwas mürrisch wirkt empfängt uns wenig später im Haus seiner Mutter und taut mit der Zeit immer mehr auf, bis er Abends schließlich sogar zu Elodies Ukulele singt.

Am nächsten Morgen wird um 9 Uhr das Funkgerät eingeschaltet, um Neuigkeiten aus Villa O’Higgins und den 12 anderen Häusern, die Tagesmärsche entfernt liegen zu erfahren. So erfahren wir, dass unser Boot bei einer Frachtüberfahrt am Vortag kaputt gegangen ist und heute nicht kommen wird. Eine Welle hat einen Teil des Bugs demoliert. Und tatsächlich erreichen die Wellen auf den patagonischen Seen nicht selten eine Größe wie auf dem offenen Meer, durch den enormen Wind, der hier herrscht. Tito ist jedoch zuversichtlich, dass das Boot bis morgen repariert wird. Ansonsten gäbe es am Dienstag das nächste Boot. Heute ist Samstag und besonders für Attie und Lené, die während ihres normalen dreiwöchigen Urlaubs hier sind, würde das Stress bedeuten. Aber viele Alternativen, als zurück zu laufen haben wir nicht. Also warten wir erstmal alle bis morgen.

Den Tag verbringen wir mit erfolglosem Angeln, Reiseführern, Karten, den unglaublich netten Carabineros, die bereits Auskünfte bezüglich Bus und Flugverbindungen nördlich von Villa O’Higgins für uns fünf einholen. Sie lassen uns auf ihrer Tischtennisplatte spielen und freuen sich mit einer kleinen Gruppe von Spaniern, die am Nachmittag ankommt Fußball spielen zu können. Abends gibt es schließlich das Gerücht, dass am nächsten Morgen ein Frachtboot kommt, mit dem wir ausnahmsweise mitfahren dürfen, da es keine Passagierverbindung gibt.

Und tatsächlich, gegen 9 Uhr erblicken wir auf dem See ein Boot, dass in unsere Richtung fährt. Eine knappe Stunde später ist es da und wir laufen voller Freude zum Bootsanleger. Der Bagger und die Dampfwalze werden abgeladen, aber der Kapitän lässt nicht mit sich verhandeln. Wir dürfen nicht aufs Boot, da die Marine in Villa O’Higgins angeblich Strafen verhängt, wenn sie Passagiere auf Frachtbooten entdeckt. Angeblich kommt um 13 Uhr auch ein Passagierboot, dass uns abholt. Aber wirklich sichere Informationen zu bekommen ist hier unmöglich. Also warten wir erst mal mit schwindender Hoffnung weiter.

Um 13 Uhr ist selbst am Horizont noch kein Boot zu sehen. Auch nicht eine Stunde später oder zwei. Erst um kurz nach drei erblicken wir auf der anderen Seite des Sees einen kleinen Punkt. Mit dem Fernglas der Carabineros können wir ein kleines Passagierboot erkennen.

Gegen 17 Uhr ist es endlich so weit. Mit einer Verspätung von letztendlich doch nur 24 Stunden verlassen wir Candelario Mancilla, den bislang isoliertesten Ort unserer Reise. Wir sind froh, dieses Abenteuer eingegangen zu sein, aber auch froh wieder der Ungewissheit entkommen zu sein.

Den Hafen von Villa O’Higgins – das Ende der Carreterra Austral – erreichen wir gegen 20 Uhr. Von hier bringt uns ein Bus die letzten 7 km in den Ort. Dort finden wir in Titos Haus, dem Hostal Glaciares eine Unterkunft. Zum Glück hat ein Supermarkt in Villa O’Higgins selbst sonntags bis 23:30 Uhr geöffnet. So kommen wir auch am späten Abend noch zum kochen.

Am nächsten Vormittag suchen wir (besonders für Attie und Lené) eine Möglichkeit aus Villa O’Higgins weiter zu kommen. Einen Bus gibt es heute jedoch nicht. Auch der Minibus von gestern ist erst morgen bereit uns bis Tortel zu bringen. Der nächste Bus nach Cochrane fährt erst in drei Tagen, an Heiligabend.

Also nutzen wir die Zeit, uns vom Tourveranstalter Robinson Crusoe einen Teil unseres Geldes für die Bootsfahrt am Vortag zurückerstatten zu lassen. Während wir im kooperierenden Büro (Zona Austral) in El Chaltén $80 pro Person für die Überfahrt bezahlt hatten, wollte der Kapitän auf dem Boot lediglich 40.000 Peso (ca. $60) haben. Kombiniert mit dem einen Tag Verspätung finden wir unseren Preis daher nicht gerechtfertigt und fordern die Differenz der beiden Preise zurück. Bis der Mitarbeiter von Robinson Crusoe das einsieht, braucht es zwar einige Überzeugungskünste, letztendlich bekommen wir jedoch zu acht (inkl. drei der Spanier) diesen Anteil zurück.

Nach einem kurzen Aufstieg Richtung der „Bandera“ die den Ort überblickt versuchen wir am Nachmittag noch eine Stunde Autostopp, in der Hoffnung, dass noch jemand mit der 19 Uhr-Fähre Richtung Norden fährt, die man ein Teil der Carreterra Austral nehmen muss. Ohne Erfolg. Für diese Fahrt verlässt kein Auto Villa O’Higgins. Also besorgen wir uns Bustickets für den Bus am nächsten Morgen um 8 Uhr nach Tortel.

Kosten (Stand Dezember 2015)

El Chaltén – Lago del Desierto:

  • 320 argentinische Peso bei Zona Austral
  • 250 argentinische Peso im Busbahnhof

Boot Lago del Desierto:

  • 480 argentinische Peso im Reisebüro (und anscheinend auch am Boot)

Boot Candelario Mencilla – Villa O’Higgins:

  • $80 bei Zona Austral
  • 40.000 chilenische Peso auf dem Boot (kann variieren)

Letztendlich ist es schwer zu sagen, ob es besser ist die Tickets vorher zu reservieren. Wir sehen das Risiko, dass kein Platz mehr auf einem der Boote ist oder man am O’Higgins See von keinem Boot abgeholt wird jedoch als gering an und würden beim nächsten mal keine Tickets mehr im Vorhinein besorgen.

  1 comment for “Trekking nach Chile

  1. Daniel
    13. Januar 2016 at 16:43

    J’ai cherché longtemps votre cheminement entre El Chalten et O’Higgins en passant probablement par un diverticule nord du lac San Martin qui fait la frontière entre Argentine et Chili. je retrouve ainsi le début de la carretera Austral, qui vous mènera beaucoup plus loin. En avant vers le soleil !

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