São Paulo

São Paulo ist ein Monster. Die Zahlen der angeblich drittgrößten Stadt der Welt sind unvorstellbar: 12.500 Restaurants, 15.000 Bars, 420 Kinos und Theater, 150 Museen und Kulturzentren, 1333 Buslinien mit 15.000 Fahrzeugen, 6,5 Millionen Autos (entspricht einem Viertel Basiliens), 500 Helikopter (die meisten weltweit), 96 Stadtteile und ca. 20 Millionen Einwohner im Einzugsgebiet.
Bei unserer Ankunft am Nationalfeiertag kommt uns diese Megalopolis erstaunlich überschaubar vor. Schnell hat der Bus das größte Terminal (Tietê) des Kontinents erreicht, ohne das wir von den Staus, die an Werktagen die zehnspurige Autobahn verstopfen, etwas mitbekommen. Auch die Fahrt mit der Metro in das Stadtviertel in dem unsere Unterkunft liegt, nach Vila Madalena, ist unkompliziert. Die Metro ist sehr modern, das Netz für die Größe der Stadt jedoch sehr bescheiden. Das bemerken wir beim 20-minütigen Fußweg von der Haltestelle zum Hostel. Der Weg zur nächsten Metrolinie in der anderen Richtung ist nochmal so weit. Mit der Unterkunft haben wir in Sampa, wie die Stadt von ihren Bewohnern auch genannt wird, kein Glück. Das Lime Time Hostel ist dreckig und hat wenig Charme. Für einen Zwischenstopp von einer Nacht reicht es.

Dafür haben wir in São Paulo wieder das Glück, bereits einen Kontakt vor Ort zu haben. Nixias Sohn Nel und ihr „Neffe“ Rafael wohnen hier. Nixia ist so was wie unsere panamenische Mutter, seitdem ich 2010 während eines vierwöchigen Praktikums bei ihr gewohnt habe. Wir sind sehr froh die beiden und Rafaels Eltern abends kennenzulernen und fühlen uns wieder ein bisschen wie bei einem Teil Familie. Wir merken bei unserer Unterhaltung aber auch erneut, dass das Leben für die Brasilianer im Moment nicht einfach ist, weder für die Armen noch für die Wohlhabenderen, zu denen Rafaels Familie, gemessen an ihrem hübschen Appartement, sicher gehört. Zu groß sind die Hoffnungslosigkeit, bei dem Ausmaß an Korruption, weiterhin auf ehrliche Weise sein Geld verdienen zu können und die Wahrscheinlichkeit im Alltag ein Opfer der wuchernden Gewalt zu werden. Da scheint die wirtschaftliche Krise im Lande gerade ihr Letztes dazu beizutragen, dass qualifizierte Leute wie Rafael und Nel darüber nachdenken ihr Glück im Ausland zu versuchen oder zumindest außerhalb des Molochs São Paulo.

Mit den Augen eines Besuchers macht die Stadt am nächsten Tag einen überraschend freundlichen und grünen Eindruck. Das Stadtzentrum ist von kilometerlangen Fußgängerzonen durchzogen und in den schicken Vierteln Jardims Paulista und Vila Madalena kommt man sich etwas wie in einer Nordamerikanischen Stadt vor, dessen Bürgermeister großen Wert auf ökologische Stadtentwicklung legt, so groß sind die Bäume, die am Straßenrand stehen. Wir sind begeistert vom Edifício Martinelli, dem ersten Wolkenkratzer Südamerikas und der Aussicht, die man von dessen Dachterrasse über das endlos erscheinende Häusermeer hat. Leider ist die Endlosigkeit am Nachmittag durch Wolken und Smog sehr begrenzt. Der Parque da Luz mit dem gleichnamigen viktorianischen Bahnhof nebenan und der Mercado Municipal sind ebenfalls ihren Besuch wert. Die Menschenmengen und die Größe der Stadt, die heute deutlich lebendiger wirkt, als am gestrigen Feiertag beeindrucken uns zunehmend. Um alles zu sehen, was wir sehen wollen, ist der Tag dann schließlich doch etwas kurz. Wir haben dieser Stadt der Superlative sicherlich nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt. Dennoch sind wir froh, am frühen Abend mit einem so positiven Eindruck von São Paulo Richtung Wildnis aufzubrechen. Gegen 20 Uhr verlässt unser Bus eines der beiden anderen großen Terminals der Stadt (Barra Funda) mit dem Ziel Campo Grande.

  1 comment for “São Paulo

  1. Daniela
    23. Oktober 2015 at 19:15

    Hey Ihr Zwei!
    Ich bin jetzt erst dazu gekommen einen Blick in euren Blog zu werfen und habe die interessanten Berichte und tollen Fotos geradezu verschlungen :-). Ich freue mich auf weitere spannende Berichte und finde es ganz wunderbar euch auf eurer Reise verfolgen zu können. Jetzt hoffe ich, dass die Newsletter-Funktion funktioniert und ich den nächsten Bericht nicht verpasse ;-).
    LG aus dem herbstlichen Frankfurt!

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